Tiemann nennt mehrere Punkte an der Plakatierungssatzung, die entweder fehlerhaft sind oder den demokratischen Wettbewerb und die Fairness einschränken und zuletzt auch Gesundheitsgefahren bergen.
Erster Kritikpunkt ist die Fehlerhaftigkeit der Satzung, welche bspw. in § 8 regeln wollte, dass Plakate nicht direkt an Bäumen selbst angebracht werden, sondern bspw. nur an Pflanzpfählen, wie sie oft um junge Bäume stehen. Stattdessen ist der Wortlaut jedoch, dass Plakate nur an den Bäumen selbst angebracht werden dürfen, was man ja gerade verhindern wollte. „Hier war jemand scheinbar beim Formulieren müde“, so Tiemann. „Nichtsdestotrotz müssen wir das ändern, um unsere jungen Bäume zu schützen.“
Zweiter Kritikpunkt ist die Fairness. Die Plakatierungssatzung erlaubt jeder Partei 40 Plakate im öffentlichen Raum, was bei über 10.000 Einwohnern eine sehr geringe Zahl ist. Dazu kommen zahlreiche Einschränkungen, so dass nur wenige Laternen überhaupt in Frage kommen. Und da die Plakate auf mindestens 2,20 Meter Höhe hängen müssen – wofür immer eine Leiter notwendig ist – hängen die Parteien meist aus Effizienzgründen doppelseitig.
„Wir haben letztlich nur 20 Standorte für unsere Plakate. Und wenn dann einige Parteien ganz früh und trickreich die wenigen besten Plätze alle besetzen, schauen alle anderen in die Röhre“, so Daniel Gramatte, Stadtverordneter mit langjähriger Erfahrung im Plakatieren. Darunter hängen ist verboten und darüber muss man mit sehr langen Leitern hantieren. „Unsere Parteien stehen im Grundgesetz in § 21 und sind für die demokratische Willensbildung entscheidend. Aber wir schränken ihre Arbeit ein. Keiner will viel mehr Plakate, aber den demokratischen Wettbewerb abwürgen ist kurzsichtig.“
Der wichtigste Kritikpunkt ist aber das Thema Gesundheit. Um auf 2,20 Meter und höher zu kommen, ist eine lange Leiter notwendig. „Hier mussten wir erst die Tage unsere Leiter auf Eis stellen, um dann mit rutschig-nassen Schuhen da hochzuklettern. Das ist lebensgefährlich und in keiner Weise zumutbar“, sagt Gramatte, der zugleich darauf verweist, dass nicht nur Parteien betroffen sind, sondern alle Steinbacher Vereine.
An fast allen Stellen in Steinbach könnten Plakate auf Augenhöhe hängen, ohne Fußgänger zu beeinträchtigen. Und Plakate mit Füßen müssten ohnehin auf dem Boden stehen. „Deshalb sollten wir die 2,20 Meter durch eine Regelung ersetzen, die klarstellt, dass Fußgänger sicher um Plakate herumkommen müssen. An der Kita am Weiher haben auch unsere Mitbewerber ihre Plakate nur auf Augenhöhe angebracht, was wir ausdrücklich begrüßen und als Zeichen dafür werten, dass man auch dort die Absurdität der Plakatierungssatzung langsam sieht“, so Gramatte. Gerne würde die SPD nach der Kommunalwahl das Thema mit den anderen Parteien zusammen aufnehmen und neu bestimmen. „Die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit unserer Ehrenamtlichen in Vereinen und Parteien sollte uns das wert sein.“
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